31.05.2020 – Das Schöne und das Traurige liegen dicht beieinander

Morgens um sechs Uhr schaffte Lilly das dritte Ei aus dem Nest. Auch diese Bilder sind als extra Beitrag in einem Video auf der Startseite der Homepage zu finden, sodass jeder seine eigene Entscheidung treffen kann, ob er sich das Geschehen ansehen möchte oder nicht.

 

Schwierige Zeiten

Lilly entsorgte das Ei, mit dem Ben am Vorabend gekuschelt hatte. Dabei war zu sehen, dass das Küken in dem Ei ausgereift war, es aber anscheinend auch nicht geschafft hatte, sich durch die Eierschale zu arbeiten. Ob das Ei frühmorgens schon zerbrochen war oder ob die Eierschale durch Lillys Schnabel beim Aufheben brach, lässt sich nicht sagen, da ich diesmal die morgendlichen Bilder verpasst hatte. Weil in beiden verbliebenen Eiern aber der Verwesungsprozess eingesetzt hat und es im Nest dementsprechend riechen dürfte, entließ Lilly das dritte Ei aus dem Nest. Das vierte Ei war gestern Abend noch zu sehen und dürfte bei den warmen Temperaturen von den Eltern auch in Kürze aus dem Nest geschafft werden.

 

Es ist ein merkwürdiges Storchenjahr. Aus vier Eiern schlüpfen zwei Küken, von denen nur eines überlebt. Im Nachbarort wurde vor wenigen Tagen eines der Alttiere tot neben der B102 aufgefunden. Das Storchenpaar hatte drei Jungtiere im Nest, die nur wenig älter als unser Junior waren. Die drei Küken wurden dem Nest sofort entnommen und an die Aufzuchtstation nach Lohburg gegeben, wo sie ohne Futterkonkurrenz aufwachsen und im Sommer in den Süden fliegen werden. Friedlich scheint diese Zeit nicht zu sein, seien wir deshalb dankbar, dass es unserem Krümel so gut geht.

 

Lilly war um 7:47 Uhr auf dem Nest zu sehen und kümmerte sich um das Küken. Die Sonne war noch nicht hervorgekommen, deshalb musste das noch dünn bekleidete Küken warm eingepackt unter der mütterlichen Decke bleiben.

 

 

Vorspeise und Hauptgericht

Um halb neun war Ben zur Stelle und sein nasser Hals verriet, wo er auf Futtersuche gewesen war. Auch heute Morgen teilte Ben zwei Rationen aus. Nach der ersten Fuhre Fisch war das Küken noch nicht satt, also schüttete Ben auch den Restbestand aus, den er im Hals zurückgehalten hatte.

 

 

 

 

 

 

Anschließend war der Bauch des Kükens so voll, dass es kopfüber auf den Nestboden fiel und dort regungslos liegenblieb. Es ist ja auch anstrengend, immer nur zu fressen. Davon musste sich das Küken langsam erholen.

 

 

 

Ben richtete das Küken mit seinem Schnabel wieder auf, was vom Junior nicht unbedingt freudig begrüßt wurde. Er brauchte dringend seinen Verdauungsschlaf und keine Sportübungen und er war froh, als ihn Papa Ben schließlich unter seine Flügel nahm.

 

 

 

Zwanzig Minuten später schaute Ben nach, wie es seinem Nachwuchs ging. Aber beim Küken rührte sich absolut gar nichts.

 

 

Auch eine Stunde nach der letzten Fütterung lag der Wonneproppen in seligem Verdauungsschlaf und ließ sich durch nichts stören.

 

 

Ein Küken hat es nicht leicht (mit so vollem Bauch)

Um zehn Uhr tauchte Junior aus der Versenkung auf und wollte ein wenig schmusen. Nach einem Küsschen sackte der Kopf allerdings wieder zu Boden und das Küken war erneut am Einschlafen.

 

 

 

Zehn Minuten später war wieder Fütterungszeit, die der Krümel nicht verschlafen wollte. Wenn sich der rote Schnabel öffnet, ist er sofort fit und in höchster Aufmerksamkeit. Immerhin hatte er seit 1,5 Stunden nichts mehr in seinen Schnabel gesteckt, da wurde es höchste Zeit für Nachschub.

 

 

 

Eine halbe Stunde später hatte es das Küken erneut dahingerafft. Mit ausgebreitetem rechten Flügel lag es auf dem Bauch im Nest und schlief tief und fest.

 

 

Nur zehn Minuten später war es aus seinem Futterkoma erwacht und kümmerte sich unter Lillys strengem Blick um die Körperpflege. Da kennt Mama keinen Spaß.

 

 

Nach einer weiteren halben Stunde war der Ministorch schon wieder schlafend anzutreffen. Immerhin hat Lilly keine Arbeit mit ihrem Nachwuchs. Er frisst selbstständig und fällt auch von alleine in den Verdauungsschlaf. Da braucht sie nur auf dem Nest anwesend sein und kann ihre Pause machen.

 

 

Test bestanden

Um zwölf Uhr saß Junior kerzengerade im Nest, während Lilly auf ihre Ablösung wartete. Doch bevor Ben im Nest auftauchte, bekam Lilly Besuch von fremden Störchen, die ihrer Meinung nach zu dicht am Nest herumflogen.

 

 

 

Das Küken hatte sich gerade so schön von der Sonne wärmen lassen, da ließ sich Lilly spontan auf ihren Nachwuchs fallen und machte alles dunkel. Es dauerte nur Sekunden, bis der Kopf des Kükens aus Lillys Federn in die Höhe schoss und die Mama vorwurfsvoll ansah. Lilly beklapperte inzwischen den Feind, während Junior einen langen Hals machte, dann aber den Ernst der Lage begriff und freiwillig unter Mamas Bauch abtauchte.

 

 

Ben hatte sofort auf Lillys Geklapper reagiert und war zu seiner Familie geflogen. Das Küken lag platt auf dem Boden und wartete, dass sich die Situation wieder beruhigte. Die Notfallübung hatte es auf jeden Fall mit Bravour bestanden.

 

 

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Zehn Minuten später war Ruhe auf dem Storchennest eingekehrt. Lilly hatte sich verabschiedet und kümmerte sich um ihr leibliches Wohl. Ben servierte dem Krümel das Mittag und alle waren zufrieden.

 

 

 

 

Vegetarische Anwandlungen?

Nachdem sämtlicher Fisch im Schnabel des Kükens gelandet war, testete es weitere Futtervarianten aus. Möglicherweise ließ sich ja auch Stroh fressen und Junior hatte das nur noch nicht herausgefunden?

 

 

 

Als ihm die Halme und ein kleiner Zweig quer im Schnabel lagen und keinen guten Geschmack lieferten, spuckte das Küken alles aus und hakte vegetarische Nahrung als ungenießbar ab.

 

 

Wenn das Futter wieder geht

Eine Stunde später war der Fisch verdaut und wollte entsorgt werden. Das Küken hatte allerdings Mühe, sich korrekt zu positionieren. Zuerst musste die richtige Richtung anvisiert werden. Anschließend muss der Po in die Höhe kommen und dann… fiel das Küken kopfüber nach vorne auf den Schnabel. Sich aus dieser Position wieder in die Höhe zu rappeln, schien nicht ganz einfach. Aber im nächsten Anlauf klappte es besser und der verdaute Fisch konnte den Körper des Kükens verlassen.

 

 

Das Küken hatte erneut seine Schlafhaltung eingenommen, als Lilly einflog und Junior sofort unter ihre Flügel nahm.

 

 

 

Eine Stunde später hatte das Storchenkind wieder ausgeschlafen und versuchte sich an weiteren Stehübungen. Je schwerer der Bauch, desto schwieriger das Aufstehen. Das Küken hatte auch sichtlich Mühe, sein Gewicht auf die kurzen Beine zu verteilen und sich in die Höhe zu schieben. Aber es klappte.

 

 

Zwischendurch braucht es immer ein Päuschen, um Kraft zu tanken.

 

 

 

 

 

Und ohne Bauchlandungen geht es auch nicht vonstatten.

 

 

 

“So, nun ist es genug für heute. Das war nämlich anstrengend und ich soll doch wachsen und mich nicht zu viel bewegen!”

 

 

Für Küken gelten andere Gesetze

Sport macht munter und weckt die Lebensgeister? Nicht die des Kükens. Das hatte es nämlich umgehauen.

 

 

 

Selbst Papas Anwesenheit und die Aussicht auf Fisch konnte den Krümel nicht reizen. Er brauchte zuerst eine Auszeit.

 

 

Papa übernahm freiwillig das Putzen, damit sich das Küken ausruhen konnte und nur die Flügelchen ausklappen musste.

 

 

So klappt das dann auch mit dem Fliegen. Die Flügel müssen nur noch größer werden, als der dicke Kullerbauch.

 

 

Zum Feiertagskaffee gibt es Frosch

Bei der Nachmittagsfütterung musste man zweimal hinsehen, um zu erkennen, um welche Futterart es sich handelte. Der Frosch, den Ben dem Küken vorsetzte, war schon stark angedaut und zerfiel in seine Einzelteile. Auf diese Weise konnte Junior solch ein großes Beutetier futtern, das im normalen Zustand noch nicht in seinen Schnabel gepasst hätte.

 

 

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Das war ein anstrengender Tag. Anscheinend macht das Küken wieder einen Wachstumsschub durch, denn es war fast ausschließlich liegend zu sehen.

 

 

 

Um die Verdauung zu beschleunigen, half es Lilly beim Aufräumen und sortierte Grashalme. Der Antrieb versiegte allerdings nach wenigen Minuten und das Küken ließ sich lieber auf den Nestboden fallen, um ein wenig weiterzuschlafen.

 

 

 

Ich kann stehen!!

Noch sehen die Stehversuche etwas ungelenk aus, aber das Küken übt tapfer. Mit Geschwistern im Nest müsste es nicht ganz so viel Gewicht in die Höhe stemmen, aber dafür sind die Beinchen als Einzelkind etwas kräftiger geraten :). Die breitbeinige Stellung sieht lustig aus, gibt aber den notwendigen Halt, um nicht umzufallen.

 

 

Die Sonne ging unter und auch das Küken hatte sich wieder für ein Schläfchen verabschiedet. Zwischenzeitlich war der Wind derart aufgefrischt, dass das Nest teilweise heftig wackelte. Das Küken hatte sich ganz klein gemacht, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Als die Windböen immer heftiger wurden, klemmte es sich zwischen die Beine des Alttieres, um sicheren Halt zu finden.

 

 

 

Sicherheitshalber kam der Nachwuchs unter die Flügel, da konnte ihm der Wind nichts mehr anhaben.

 

 

 

Ein Küsschen für den Papa

Ben bekam ein Küsschen vom Junior und anschließend wurde wieder geübt, in die richtige Richtung auszutreten. Diesmal klappte die Sache schon fast ohne umzufallen :).

 

 

 

 

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Ben kümmerte sich in den Abendstunden um das Küken, bis Lilly einflog und die Schicht bis vier Uhr früh antrat. Jetzt ist das Küken schon zwei Wochen alt und auf die mehrfache Schlupfgröße herangewachsen. In drei Monaten ist das Nest wieder leer. Doch bis dahin wünschen wir eine gute Nacht und schöne Träume. Schlaft gut!

 

 

 

 

 

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