09.05.2025 – Warum menschliche Logik hier nicht hilft

Otto und Elli genießen den Tag. Die ungarischen Storcheneltern haben satte Küken und Macus bekommt eine eigene Futterschale ins Nest. Zuerst schauen wir uns aber ein paar Zahlen an, die uns erzählen, warum es auch für die menschliche Logik mit einem Ei noch lange nicht zu spät ist.

Gleich zu Beginn und bevor wir uns ansehen, was heute in den Storchennestern passierte, einige Zahlen.

Warum?

Weil es Menschen gibt, die der Natur mit Logik beikommen wollen. Erst begann der Zweifel zu nagen, dass unser Otto kein Weibchen abbekommen würde, weil es zunehmend später wurde. Aber die Natur hatte ihn nun mal auf diese eine Störchin warten lassen und alles perfekt geplant, was wir nur nicht wahrnehmen konnten.

Jetzt ist es bald Mitte Mai und in den meisten deutschen Nestern sitzen bereits Küken und werden eifrig gefüttert. Otto und Elli hingegen tummeln sich viele Stunden auf den Kuh- und Pferdewiesen, stapfen durch die teilweise noch überschwemmten Wiesen nahe der B102 und lassen sich von der Sonne verwöhnen. Da kommt mittlerweile immer häufiger der Gedanke auf, ob in Fohrde dieses Jahr überhaupt noch Eier kommen.

Um diesen “objektiven Tatsachen” etwas entgegenzusetzen:

  • Ich benutze hier auch mal einen Satz aus dem “Lehrbuch”, der besagt, dass es ein bis drei Wochen dauern kann, bis das erste Ei gelegt wird. Elli kam am 28.04.2025 in Fohrde an, das heißt, wir sind heute bei Tag 11. (Bis zu 21 Tage wären “normal”.)
  • Wir haben es auch dieses Jahr mit einem neu zusammengesetzten Paar zu tun. Wäre unser Storch Ben damals nicht umgezogen, würden auch in Fohrde schon Küken im Nest sitzen. Eingespielte Paare, die sich jedes Jahr auf dem gleichen Horst treffen, brauchen keine Kennlernphase. Sie müssen nicht erst die Umgebung erforschen und die besten Futterplätze ausmachen. Sie kennen das Revier und starten sofort.
  • Das Nest: Alteingesessene Storchenpaare kennen ihren Horst und haben diesen über Jahre hinweg so gestaltet, dass sie sich dort wohlfühlen. Otto und Elli sind beide neu in Fohrde und müssen alles nach ihren Vorstellungen und Vorlieben gestalten. Solange etwas nicht passt, wird sich kein Ei entwickeln. Weil sich die dafür notwendigen Hormone nicht bilden, solange sich das Storchenweibchen nicht in allen Belangen wirklich sicher fühlt.

Was also ist NORMAL? Und wer legt fest, was normal ist?
Normal entsteht aus Werten, die in der Vergangenheit registriert und auf einen Durchschnittswert gebracht wurden. Wie kann dann etwas Neues entstehen, wenn man immer wieder mit vorhandenen Werten der Vergangenheit operiert? Neu und einzigartig wäre dann nicht möglich.

Können wir den Wunsch nach Kontrolle der Natur und menschlicher Logik ein wenig zurückschrauben und akzeptieren, dass nicht der Mensch die Natur macht, sondern die Natur die Lebewesen? Auch den Menschen. Statt ins Zweifeln zu geraten oder aufgrund menschengemachter zeitlicher Limits Grenzen zu setzen, könnte man die Zeit auch ausblenden und das “Unmögliche” erwarten. Könnte man. Muss man natürlich nicht.

Noch etwas, was definitiv für Eier in dieser Saison spricht:

Die Störche wissen nicht, dass wir heute den 09.05.2025 haben. Ja, der Brutinstinkt hat ein zeitliches Limit, damit Eier nicht erst im Juli gelegt werden. Aber auch in diese Richtung kann es sich durch den Klimawandel entwickeln, wenn die Störche zukünftig in Deutschland überwintern werden. Dann können Gelege im Mai zur Normalität werden und vielleicht sind wir gerade auf dem besten Weg dahin. Wer weiß das denn?

Und noch ein Fakt sollte unsere menschliche Logik zufriedenstellen:

Die Statistik des Fohrder Storchennestes. Hier kommen die Zahlen der vergangenen Jahre, die für den Zeitraum der Ankunft der Störchin bis zur ersten Eiablage stehen. Schauen wir mal, wie viele Tage es brauchte:

  • 2018: 12 Tage
  • 2019: 15 Tage
  • 2020: 10 Tage
  • 2021: 11 Tage
  • 2022: 14 Tage
  • 2023: 6 Tage
  • 2024: 10 Tage

Man kann auch sehr gut sehen, dass sich die Zeiten immer verlängert haben, wenn sich ein neues Paar gefunden hatte. Und das war hier eben öfter der Fall.

Übrigens – ermitteln wir aus dieser Statistik den Durchschnittswert, heißt die Rechnung 78:7. Und siehe da, das Ergebnis lautet 11! Das wäre genau der heutige Tag.

Lasst uns den Anblick der Tiere weiterhin in Ruhe genießen und dankbar dafür sein, dass die Natur macht, was SIE will und sich durch den Menschen und dessen Vorstellungen nicht stören lassen wird. Denn das ist definitiv das bessere Vorgehen. 🙂

 

Der Freitag in Ungarn

Die Sonne schien und die Küken durften heute viel an die frische Luft. Trotzdem ging es immer wieder unter die Flügel. Denn alle Kalorien müssen schnellstmöglich in Wachstum umgesetzt werden. Deshalb ist viel Schlaf nötig.

Der mit den Störchen spricht

Storchenflüsterer András führte auch heute wieder angeregte Gespräche mit Macus, Szofi und den Küken. Doch zuerst bekamen die Küken ihre Fleischration und dann wurde Mama Szofi anscheinend darauf aufmerksam gemacht, dass man Nahrungsmittel nicht einfach aus dem Nest wirft.

Macus kam zu dem Gespräch hinzu, um interessiert zuzuhören. Als András das Handy zückte, um die Küken zu filmen, zeigte der Storch echtes Interesse und trat mit langem Hals sogar einen Schritt nach vorn. Angst vor der Technik? Keine Spur. Die Küken waren inzwischen vollgefuttert und streckten sich der Reihe nach im Nest aus, während die Erwachsenen noch wichtige Dinge besprachen.

Wenn die Küken rundum satt sind, bedeutet das auch für die Eltern ein halbes Stündchen ungestörten Mittagsschlaf.

Übrigens hatte Macus heute seine eigene Futterschüssel mit entsprechendem Menü im Nest. So muss der Familienvater nicht im Garten seine Runden drehen, sondern kann sich im Nest vollstopfen und anschließend an seinen Nachwuchs weiterreichen.

 

So zufrieden und tief schlafend sehen wir die Küken erst seit den letzten Tagen. Es braucht nur das richtige Umfeld und die Welt ist in Ordnung.

Küken Nummer fünf kam heute noch nicht zu seinen Eltern. Aber das sechste Küken ist bereits beim Schlüpfen. Wenn das Wetter so schön bleibt, kommen die beiden Küken vielleicht zusammen zu ihrer Familie. Wir werden es morgen sehen. Bis dahin wünschen wir Familie Storch Sonne, warme Temperaturen und glückliche Küken.

Der Tag im Storchennest Fohrde

Alles wie immer. Die Sonne strahlte vom Himmel und unsere Störche waren wieder zeitig ausgeflogen. Anschließend hieß es Betten machen, ausruhen, weiterhin für Nachwuchs sorgen, herumwerkeln und ein wenig angeknabbert werden.

 

Mittags gab es Feinde, die über das Nest segelten und unbedingt vertrieben werden musste. Dadurch kam ein wenig Bewegung in den ansonsten ruhigen Alltag der Störche. Aber es reichte bereits aus, in Abwehrhaltung zu gehen, um potenzielle Feinde zu vertreiben.

Bei strahlendem Sonnenschein ließen es sich die beiden gut gehen. Ab und an flatterten sie vom Nest und machten sich über die Käfer und Würmer auf dem Acker und den Wiesen her.

Nachmittags musste noch einmal lautstark darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Horst in Fohrde bereits besetzt ist. Aber unsere beiden ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Anschließend legte sich Otto ganz gemütlich für sein wohlverdientes Schläfchen ins Nest.

Um halb fünf brachen Elli und Otto zu ihrer Abendrunde auf, von der sie kurz vor 21 Uhr zurückkehrten.

Es war auch heute ein Tag voller Frieden und Unbeschwertheit. Unsere Störche machen uns vor, wie das Leben geht. Nehmen wir ein Stückchen dieser Leichtigkeit mit in unseren Tag. Alles Liebe.

 

Noch einmal nachlesen, was in den vergangenen Jahren auf dem Storchennest Fohrde geschah? Hier findet sich die Berichterstattung des Tagebuches seit dem Jahr 2019.

https://www.storchennest-fohrde.de/archiv/tagebucharchiv/

 

Quelle: https://www.youtube.com/live/TFMYz75fSmQ

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Dear EV, I agree with everything you said. Nowadays people plan everything and if what happens (or doesn’t happen) is not in line with these plans, it becomes useless and boring and, what’s more, they “go crazy” because they don’t have the possibility to intervene to make things go the way they want… unhappy about the empty nest, about Otto (formerly Storchi) alone, about the delay in Elli’s arrival, about the “delay” of the eggs… the first moment of happiness quickly turns into a murmur of discontent. Nobody stops to seize the moment, the instant, what in that moment the… Weiterlesen »

Besser kann man es einfach nicht schreiben. Die Natur richtet sich nicht nach uns. Die Störche entscheiden selber ob und wann sie Eier legen…….

Danke für die tollen Impressionen und lehrreichen Infos.Bin schon ganz gespannt wie es weiter geht.viele Grüße aus Bahretal ( bei Pirna). Annett

🙏🏻 Ein großes Dankeschön wieder für diesen tollen, interessanten und lehrreichen Bericht.
Und diese wunderbaren Bilder.
Schöne Auszeit 🧘🏼‍♀️ für mich.
Ich danke euch von ganzem Herzen 💓
GlG Sieglinde 🙌🏻💞

Dem möchte ich mich voll anschließen!!!!! DANKE ❣️❤️❤️

Ich erfreue mich jeden Tag an den tollen Bildern und den Berichten dazu. Es ist einfach schön zu sehen, wie friedlich und harmonisch alles abläuft. Vielen Dank, dass ich daran teilhaben darf und Alles Gute!
LG Yvette